Dr. Robert Velten 2017: Mehr als Reichtum - Wie Sie nie mehr finanzielle Sorgen haben und langfristig Vermögen aufbauen
Wie Privatanleger ganzheitlich mit Ihrem Vermögen umgehen können
In fünf sehr unterschiedlichen Kapiteln gibt das Buch Anregungen, wie wir unser Vermögen auf ganz verschiedenen Wegen optimieren können.
Im ersten Kapitel beschreibt Velten eine sehr interessante Idee, was er unter Vermögen versteht. Im wesentlichen interpretiert er Vermögen vor allem das Gegenteil von Unvermögen. Zunächst wirkte das für mich wie eine unnütze Wortklauberei, leuchtete dann aber doch sehr schnell ein: so vermag jemand mit ein paar Millionen Euro auf dem Konto zwar sicherlich Dinge zu tun, die ein armer Schlucker nicht vermag. Vor allem aber vermag ein cleverer und aufgeschlossener Mensch aber auch Dinge zu tun, die ein Einfallpinsel nicht zu tun vermag.
Ideal ist natürlich die Kombination aus einer vermögenden (im Sinn von: nicht unvermögenden) Persönlichkeit und einem üppigem Kontostand. Das klingt zunächt banal, zeigt aber auf, dass das, was wir mit unserem Leben anfangen können (=vermögen!), eben nicht nur von der uns zur Verfügung stehenden Menge an Geld abhängt.
Im zweiten Kapitel wird das alles dann noch deutlich konkreter: Velten definiert vier verschiedene immaterielle Vermögensarten: das Erwerbsvermögen, das Zeitvermögen, das Persönlichkeitsvermögen und das Sozialvermögen. Was wir mit unserem Leben anfangen können, hängt letztendlich sehr stark von diesen vier immateriellen und unserem Geldvermögen ab, also von den ingesamt fünf verschiedenen Vermögensarten. Spannend finde ich die Idee, dass unser Wirken und damit zumindest zum Teil auch unser Lebensglück ganz maßgeblich vom schwächsten dieser fünf Vermögen abhängen dürfte. Es lohnt sich also, gerade hier über die verschiedenen Vermögensformen diversifiziert zu sein.
Anhand von plakativen Stereotypen wird das schnell deutlich: wer zwar über einen enormen materiellen Reichtum verfügt, jedoch Defizite im Persönlichkeits- und Sozialvermögen hat, vermag vielleicht kein besonders glückliches Leben zu führen. Umgekehrt kann es natürlich genauso sein: wer ständig in Sorge lebt, wie er sich im kommenden Monat seine Brötchen finanzieren soll, hat es eben auch schwer, glücklich und unbeschwert zu leben - selbst wenn er charakterlich eine ganz tolle Persönlichkeit ist.
Vor allem dem Persönlichkeitsvermögen misst Velten die größte Bedeutung zu und erklärt dies auch ausführlich. Die eigene Persönlichkeit ist nunmal das, was uns am stärksten prägt. Es ist die eigene Persönlichkeit, die wir überall hin mitnehmen, auch durch alle Kriesen des Lebens. Selbst wenn wir unser Land verlassen und alles Hab und Gut zurücklassen müssten: unser Persönlichkeitsvermögen haben wir immer dabei, und keiner kann uns wegnehmen. Amüsant fand ich den netten Hinweis, dass es auch von keinem Staat der Welt besteuert oder gar beschlagnahmt werden kann. Es ist unser Persönlichkeitsvermögen, mit dem wir immer wieder andere (materielle und immaterielle) Vermögen aufbauen können.
Spannend fand ich auch die Betrachtung des Zeitvermögens: wie wir unsere Zeit verwenden, prägt nunmal maßgeblich das Maß an Zufriedenheit, das wir erleben. Velten hat sich hierzu ein interessantes Koordinatensystem ausgedacht, welches die vier Quadranten "Sinn", "Genuss", "Geld" und "Kapazität" enthält und diese entlang der Achsen "monetär/ideell" und "unmittelbar/weitreichend" einordnet.
Jede Tätigkeit, also jede Verwendung von Zeit, lässt sich in diesem Koordinatensystem abtragen: je mehr Quadranten wir bedienen, desto wertvoller verwenden wir unsere Zeit. Meistens wird das dann auch mit der erlebten Zufriedenheit korrelieren. Tätigkeiten, die nur einen Quadranten bedienen, machen uns auf Dauer hingegen nicht zufrieden.
Ideal sind folglich Tätigkeiten, die sinnstiftend sind, Spaß machen, uns weiterbilden und eine Menge Geld einbringen. Eher schlecht sind Tätigkeiten, die uns nur eine dieser Komponenten bringen. Das mag auf den ersten Blick banal erscheinen, aber ich finde es spannend, zumindest meine häufigsten Tätigkeiten mit diesen Kriterien abzugleichen: im Alltag landet man selbstverständlich fast immer irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Extremen. Aber gerade hier gibt es viele Nuacen und es dürfte sich lohnen darüber nachzudenken, ob man die ein oder andere Tätigkeit (=Verwendung von Zeit) nicht durch etwas besseres ersetzen könnte.
Im dritten Kapitel beschreibt Velten, wie wir mit unserem Kapitalvermögen umgehen sollten. Im wesentlichen läuft die gesamte Argumentation darauf hinaus, dass wir unser Kapitalvermögen produktiv einsetzen sollten, was bei jedem, der kein eigenes Unternehmen führt, letzlich auf Aktieninvestments hinausläuft. Prinzipiell stimme ich dem zu, aber Velten legt hier eine gewisse alles-oder-nichts-Mentalität an den Tag, in der ich mich nicht wiederfinden kann. So dürfte es meines Erachtns für die meisten Privatanleger eben keine gute Idee sein, all ihr Geld in Aktien zu investieren, sondern eben nur einen gewissen Teil davon.
Auch die vielen Tipps in diesem Kapitel finde ich zum Teil entweder wenig hilfreich ("kaufe gute Aktien, keine schlechten"), schlecht begründet ("diversifiziere mit mindestens 12 verschiedenen Aktien, besser 24 oder 36" - warum eigentlich nicht mit 13, 17 oder 1500? Was soll die Fixierung auf ganzzahlige Vielfache von 12?) und zum Teil auch widersprüchlich ("betreibe kein Timing", aber "kaufe nicht, wenn alle anderen kaufen" - Widerspruch entdeckt?).
Nein, dieses dritte Kapitel war ganz und gar nicht mein Fall. Es wirkt ein bißchen wie ein Versuch, Werbung für die eigene Kompetenz und die eigenen Investmentfonds zu machen. Das ist natürlich legitim, hat aber zumindest mich nicht wirklich überzeugt.
Im vierten Kapitel erklärt Velten, warum Privatanleger besser die Finger von vielen künstlichen Kapitalanlageprodukten wie Versicherungen und geschlossenen Graumarkt-Fonds lassen sollten, die er mit dem netten Begriff "Anti-Liquidität" zusammenfasst. Dieses Kapitel finde ich wieder deutlich stichhaltiger und nachvollziehbar. Wer sich konsequent daran hält, dürfte sich so manche böse Überraschung ersparen.
Das fünfte Kapitel soll uns dann einige praktische Tipps geben, wie wir unser Vermögen im Alltag nun konkret managen sollen. Hier sind einige wertvolle Tipps, wie zum Beispiel, dass man sich seiner Freiheiten bewusst sein sollte und sich diese nicht ohne sehr guten Grund beschneiden sollte. Andere Hinweise, wie zum Beispiel, dass man stets "entschlossen wie ein Samurai" handeln sollte, fand ich persönlich weniger hilfreich - aber immerhin auch nicht störend. Einzig die Abbildungen mit den Vermögensbilanzen von fiktiven Personen im Alter von 35 versus 65 Jahren fand ich irgendwie konfus: woher die vielen Zahlen stammen, hat sich mir kaum erschlossen. Wer nicht weiß, was die Aktiv- und Passivseite einer Bilanz zeigt, wird das vermutlich nicht verstehen. Und wer es weiß, findet vermutlich nichts neues. Insofern weiß ich nicht so genau, was der Autor mit diesen Bilanzen sagen wollte, außer dass die Bilanzen eben sehr unterschiedlich aussehen, je nachdem, in welchem Lebensabschnitt wir uns befinden. Aber alleine das ist ja auch eine Aussage, die dem einen oder anderen vielleicht hilft.
Und als Fazit?
Ich fand das Buch überwiegend spannend und habe viele Ideen daraus mitgenommen. Vor allem das Abtragen von Tätigkeiten (=Verwendung von Zeitvermögen) auf dem Koordinatensystem mit den vier Quadranten fand ich lehrreich und hat mich zum Nachdenken angeregt.
Ich glaube, auf dieser Ebene können die meisten Privatanleger "Vermögen" aus diesem Buch gewinnen.
Einzig die konkreten Tipps zum bereits vorhandenen Kapitalvermögen in Kapitel drei fand ich so gar nicht hilfreich. Aber wer sich mit diesem Abschnitt nicht lange aufhält, dem steht mit den vier anderen Kapitel ein toller Pool an guten Ideen und Anregungen zur Verfügung, aus dem sich wohl fast jeder etwas lehrreiches herauspicken kann.
Ergo: "nice reading"! (4 Sterne von mir)
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Rezension Dr. Robert Velten, "Mehr als Reichtum - Wie Sie nie mehr finanzielle Sorgen haben und langfristig Vermögen aufbauen".
13. August 2017, zurück zur Startseite. | Admin: Artikel editieren |
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