Geldanlage / Private Finanzen

Die geometrische Rendite

Teil 3 unserer Serie über die Mathematik hinter der Geldanlage


Bei der Betrachtung des langfristigen Anlageerfolgs erscheint es logisch, auf die durchschnittliche Rendite (=Verzinsung) zu schauen. Doch wer dabei auf den weit verbreiteten arithmetischen Durschnitt schaut, der könnte schnell in die Irre laufen. Relevant ist immer die durchschnittliche geometrische Rendite. Dieser Artikel erklärt, was es damit auf sich hat.


In dieser kleinen Serie versuche ich ja, mathematische Grundlagen zum Thema Geldanlage zu vermitteln. Ich glaube, der Ansatz, dies jeweils anhand eines Beispiels zu tun, hat sich bewährt. Also fangen wir auch dieses mal wieder mit einem Beispiel an.

Ein Beispiel


Ein Kleinanleger überlegt sich, in ein von seiner Bank angebotenes Produkt "Wachstumssparen" oder "Zinswachstum" anzulegen. Der Vorteil bei diesen Produkten ist häufig, daß man im Gegensatz zum Sparbrief bereits vor dem Laufzeitende wieder an sein Geld rankommen kann, sofern man das möchte. Der Preis dafür liegt hinter einem Staffelzins verborgen, welcher mit niedrigen Zinssätzen anfängt und erst im Verlauf der Jahre besser wird. In der Regel wird neben der Zinsstaffel noch die durchschnittliche Verzinsung angegeben.

Ein konkretes Beispiel, welches ich soeben aus dem Internet recherchiert habe, sieht so aus:
Anlagezeitraum bis zu fünf Jahre, moantlich 2000 Euro sofort verfügbar, höhere Teilbeträge kündbar. Von Interesse sollen hier jetzt aber nur die Zinsen sein:
1. Jahr: 1,5%
2. Jahr: 1,75%
3. Jahr: 2%
4. Jahr: 2,25%
5. Jahr: 3%
Durchschnittlicher jährlicher Zinssatz: 2,10%

Nehmen wir mal an, unser Sparer bleibt die vollen fünf Jahre dabei. Kann er sich dann über 2,1% Zinsen p.a. freuen? Die Antwort lautet: "nein". Oder, wenn man nicht ganz so streng ist: "leider nur fast", denn groß ist dieser Irrtum in unserem Beispiel nicht, wie wir jetzt sehen:

Gehen wir von einem fiktiven Anlagebetrag von 1.000 Euro aus: Fünf Jahre lang mit 2,1% p.a. verzinst ergibt das, wie wir in Teil 2 dieser Grundlagenserie (Wie berechnet man Zinseszinsen) gelernt haben: 1000 * 1,021^5 = 1.109,50 Euro.

Schauen wir uns nun die Zinsstaffel an, dann erhalten wir: 1000 * 1,015 * 1,0175 * 1,02 * 1,0225 * 1,03 = 1.109,43 Euro. Also stolze 7 Cent weniger.

Okay, sieben Cent können wir eigentlich getrost vergessen - dafür gibt es sowieso nichts zu kaufen. Und die Frage, was hier (wenn auch nur geringfügig) falsch lief, erscheint angesichts dieser "Summe" vielleicht rein akademischer Natur zu sein. Das ändert sich allerdings schlagartig, wenn die Unterschiede der einzelnen Zinssätze größer werden.

Noch ein Beispiel


Schauen wir uns als nächstes Beispiel einen fiktiven Aktienfonds an, der folgende Jahresrenditen gebracht hat:
1. Jahr: +20%
2. Jahr: +30%
3. Jahr: -40%
4. Jahr: -10%
5. Jahr: +30%
Die (arithmetische) Durchschnittsverzinsung beträgt in diesen fünf fiktiven Jahren 6%.

Rechnen wir wieder nach, und zwar wieder mit 1.000 fiktiven Euro:
1000 * 1,06 ^ 5 = 1.338,23 Euro.

Und mit den einzelnen Jahresrenditen:
1000 * 1,2 * 1,3 * 0,6 * 0,9 * 1,3 = 1.095,12 Euro.

Das ist jetzt ein ganz ordentlicher Unterschied, und das Beispiel erscheint mir alles andere als übertrieben. Es lohnt sich also doch, zu überlegen, warum dieser Durchschnittszinsatz irgendwie nichts taugt, oder?

Die Antwort ist denkbar simpel: der arithmetische Durchschnitt addiert die Einzelwerte und teilt sie durch die Anzahl der Einzelwerte (hier: fünf, weil wir fünf Jahre betrachten). Da in der Realität aber nicht die Zinssätze addiert, sondern die sich aus den Zinssätzen abgeleiteten Faktoren (z. B.: 20% ergeben als Faktor 1,2) multipliziert werden, benötigen wir:

Die geometrische Rendite


Diese berechnet sich aus dem Produkt aller dieser Faktoren und der Wurzel daraus; allerdings nicht aus der üblichen Quadratwurzel (=2. Wurzel), sondern aus der Wurzel entsprechend der Jahre, hier also der 5. Wurzel (weil wir fünf Jahre betrachten).
Die geometrische Rendite unseres fiktiven Aktienfonds beträgt also:
"5. Wurzel aus (1,2*1,3*0,6*0,9*1,3)" = 1,834% (als Faktor: 1,01834; bei der Umrechnung in einen Zinssatz ziehen wir die 1 wieder ab und multiplizieren mit 100, siehe Teil 1 dieser Serie, Wie funktioniert eigentlich Prozentrechnung?).

1,834% Durchschnittsrendite hören sich irgendwie deutlich schlechter an als durchschnittliche Verzinsung von 6%, oder?

Aber leider ist das die einzige releveante Zahl, denn rechnen wir nach:
1000 Euro * 1,01834^5 = 1.095,13 Euro (der eine Cent Unterschied zum Ergebnis auf Basis der einzelnen Jahresrenditen kommt vom Rundungsfehler, weil die 1,834% in Wahrheit eine Zahl mit viel mehr Nachkommastellen sind). Passt also.

Fazit


Worum es mir hier geht: man darf sich von Zahlen nicht blenden lassen, sondern muss immer genau hinschauen, was da berechnet wurde. In unseren beiden Beispielen ist für den Langfristanleger die einzig relevante Prozentzahl eben die geometrische Rendite. Wir haben gesehen, daß der arithmetische Durchschnitt der einzelnen Jahresrenditen trügerisch ist. Und wir haben auch gesehen, daß dieser Trug bei großen Wertschwankungen ganz erheblich sein kann, während er bei kleinen Zinsänderungen manchmal (fast) irrelevant bleibt. Am Beispiel unseres fiktiven Aktienfonds würde ich sogar soweit gehen zu sagen, daß der arithmetische Durchschnitt der Jahresrenditen eine völlig belanglose Zahl ist.


Nachtrag: die geometrische Rendite unseres Wachstumssparenbeispiels berägt übrigens 2,0987%.


Weitere Artikel zum Thema:
     Wie funktioniert eigentlich Prozentrechnung?
     Wie berechnet man Zinseszinsen?



27. Mai 2012, zurück zur Startseite. Admin: Artikel editieren



Kommentare

Von Anonymous am 27.05.2012.
Der Artikel zieht meines Erachtens genau das falsche Fazit mit "In unseren beiden Beispielen ist für den Langfristanleger die einzig relevante Prozentzahl eben die geometrische Rendite. Wir haben gesehen, daß der arithmetische Durchschnitt der einzelnen Jahresrenditen trügerisch".

Richtig ist, dass die geometrische Rendite (ich sage lieber: Wertentwicklung) wichtig ist. Aber man muss sehr genau differenzieren, wo und zu welchem Zweck, und wo nicht. Was für den Anleger relevant ist, das ist die Wertentwicklung seines Gesamtvermögens. Die lässt sich aber nicht auf die Wertentwicklung von einzelnen Anlagen reduzieren. Denn man wird die Anlagen nicht von Anfang bis Ende halten, sondern Umschichtungen vornehmen. Umschichtungen beeinflussen die Wertentwicklung des Gesamtvermögens in einer Weise, die über die Wertentwicklung der einzelnen Anlagen hinausgeht.

Der Artikel ist somit unter der Verhaltensprämisse des "Mental accounting" geschrieben: Das Vermögen wird nicht als Gesamtheit betrachtet, sondern einzelne Produkte für sich. Das gipfelt dann sogar in der extremen Aussage "daß der arithmetische Durchschnitt der Jahresrenditen eine völlig belanglose Zahl ist" Eben gerade nicht! Geometrische Rendite (Wertentwicklung) und arithmetische Rendite (für mich einfach nur Rendite) sind beide wichtig -- jede für ihren Zweck. Wer den Zweck aus den Augen verliert, der geht nur verloren in einer Welt von sehr vielen verschiedenen Kennzahlen und Renditemaßen, die alle zweck- und damit sinnlos geworden sind ...

Von Anonymous am 27.05.2012.
Überhaupt fehlt mir bei dem Artikel eine Betrachtung vom Zweck. Der einzige abstrakte Zweck hinter den Überlegungen scheint zu sein, mit einer Anlage irgendwie aus Geld noch mehr Geld zu machen. Da ist es natürlich zu erwarten, dass Zuwachssparen rein aus der Renditeperspektive betrachtet wird. Aber worum es bei Zuwachssparen doch geht, das ist vorrangig die Absicherung gegen ein steigendes Zinsniveau: Steigen die Zinsen stärker als die Verzinsung, kann man es kündigen und ein neues mit dann höherer Verzinsung abschließen. (Nun muss natürlich ein Anleger überlegen, ob er dem Risiko einer steigenden Verzinsung ausgesetzt ist, und wenn ja, wie stark.) Du hingegen scheinst die vorzeitige Verfügbarkeit vorrangig als Möglichkeit aufzufassen, die Anlage für Konsumzwecke aufzulösen.

Von Christoph (URL) am 30.05.2012.
Hallo Anonymous,
der Zweck des Artikels bestand einzig darin, dem unbedarften Leser mathematische Grundlagen zu vermitteln.
Das Beispiel mit dem Wachstumssparen habe ich genommen, weil die Banken da gerne ein wenig "schummeln", indem sie mit dem arithmetischen Durchschnitt der Zinsen werben.
Vielleicht habe ich mit diesem konkreten Produktbezug etwas zu sehr vom Kern des Artikels abgelenkt. Jedenfalls hast Du viel mehr hineininterpretiert, als ich sagen wollte. Um Anlagestrategien, Haltedauer von Produkten, Umschichtungen usw. ging es mir hier nicht.
Viele Grüße, Christoph

Von Christoph (URL) am 01.06.2012.
Hallo Christoph,

ich denke, der Artikel ist gut. Ich hatte nicht den Eindruck, dass das Beispiel mehr ist als ein Beispiel zur Illustration des mathematischen Problems.

Was das mit mental accounting zu tun hat, erschließt sich mir, ehrlich gesagt, nicht.

Viele Grüße

Von Holger (URL) am 01.06.2012.
Äh, hallo Christoph,

ich wollte natürlich nicht Deinen Namen klauen. Sorry, war müde, habe aber auch den vorigen Kommentar geschrieben.

Viele Grüße
Holger

Von Anonymous am 02.06.2012.
"der Zweck des Artikels bestand einzig darin, dem unbedarften Leser mathematische Grundlagen zu vermitteln." Die Grundlagen der Mathematik liegen aber nie allein in der Mathematik selbst, sondern sind immer auch praktischer Natur. Daher gibt es so etwas wie (rein) mathematische Grundlagen nicht. Mathematik wäre sonst sinnlos. Der Artikel bezieht sich doch auch ganz konkret auf Geldanlage. Leider gehst Du dann aber, wie gesagt, fälschlich davon aus, man könne da etwas auf reine Mathematik reduzieren. Was Du hingegen tust, das ist die praktischen Bezüge größtenteils undiskutiert und nur implizit im Hintergrund zu lassen, obwohl sie extrem wichtig sind und dem Ganzen erst Sinn verleiht.

Du gehst (vielleicht unbewusst) implizit davon aus, dass das gesamte Vermögen in die jeweils diskutierten Anlagen gesteckt wird und von Anfang bin Ende drinbleibt und sonst nichts passiert. Und man kann das sehr leicht missverstehen, dass man die Überlegungen auch anwenden darf, wenn nur ein Teil des Geldes in die jeweiligen Produkte angelegt ist. Und soweit man es darauf bezieht, ist es eben Mental Accounting.

"Das Beispiel mit dem Wachstumssparen habe ich genommen, weil die Banken da gerne ein wenig 'schummeln', indem sie mit dem arithmetischen Durchschnitt der Zinsen werben." Schummeln in Bezug auf was? Ohne praktischen Bezug ist es Schummelei, *überhaupt* irgendeine (egal welche, auch Deine) Berechnung durchzuführen, bei der dann eine Zahl rauskommt.

"Um Anlagestrategien, Haltedauer von Produkten, Umschichtungen usw. ging es mir hier nicht." Nicht nur ist, wie gesagt, es gar nicht möglich, diese Sachverhalte davon zu trennen, sondern sie sind (natürlicherweise) tatsächlich im Artikel drin -- auch wenn Du das gar nicht beabschtigt hast ;) Das Wort "Schummeln" impliziert schon einen praktischen Bezug. Und Du sagst Sachen wie "Am Beispiel unseres fiktiven Aktienfonds würde ich sogar soweit gehen zu sagen, daß der arithmetische Durchschnitt der Jahresrenditen eine völlig belanglose Zahl ist." Offensichtlich bezieht sich "belanglos" auf praktische Dinge, nicht auf reine Mathematik (denn wie könnte eine Zahl rein mathematisch belanglos sein...). Ich glaube nicht, dass ich da mehr hineininterpretiere als objektiv drin ist. Es mag sein, dass es Dir darum ging, einen rein mathematischen Artikel zu schreiben, ohne dass Du Dir bewusst warst, dass das gar nicht geht. Und so haben sich dann die unumgänglichen praktischen Bezüge unbewusst reingeschlichen ;)

Ich halte die Durchschnittsrendite für alles andere als praktisch belanglos. Man muss nur ihren Zweck verstehen.

Der andere Christoph: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass das Beispiel mehr ist als ein Beispiel zur Illustration des mathematischen Problems." Er demonstriert eben doch sehr schön ein *völlig praktisches* Problem: Nämlich dass Buy and Hold (einfach den Aktienfonds kaufen und dann nicht mehr anrühen) hier zu einer Wertentwicklung geführt hat, die nicht die durchschnittlichen Rendite dieser Anlage wiedergespiegelt hat. Mental accounting wird es, wenn man annimmt, dass nebem diesem Aktienfonds noch andere Anlagen im Gesamtvermögen vorhanden sind. Er könnte ja im restlichen Vermögen z.B. mit Optionen abgesichert sein. Dann sind die 1.095,12 nur der Kontostand eines mentalen Kontos bzw. höchstens noch relevant für steuerliche Fragen. Ein rationaler Anleger (im Gegensatz zum "verhaltensgesteuerten" Anleger) betrachtet immer den Endwert seines *Gesamtvermögens*, nicht den einzelner Produkte, Anlageklassen oder Positionen.

Von Holger (URL) am 02.06.2012.
Er könnte ja im restlichen Vermögen z.B. mit Optionen abgesichert sein.
--

Natürlich. Er könnte auch mit geliehenem Geld gekauft sein, und die Kreditzinsen könnten die mit dem Aktienfonds erzielte Rendite übersteigen. Aber was hat das mit Christophs Text zu tun?

"Der andere Christoph"

Von Anonymous am 02.06.2012.
Holger,

die Frage ist umgekehrt zu stellen: Was hat Christophs Text dann noch mit der Realität zu tun?

Von Christoph (URL) am 05.06.2012.
Hallo,
ich glaube, es ist kein mental accounting, wenn man sich über die geometrische Rendite eines Produktes Gedanken macht.

Einen Punkt hast Du, finde ich, übrigens sehr gut getroffen: man muss den Zweck der Zahlen verstehen. Um beim Beispiel zu bleiben: da wird eben manchmal der durchschnittliche Zinssatz eines Wachstumssparens mit dem Zinssatz eines Sparbriefs verglichen. Und das ist theoretisch völlig falsch (praktisch ist es ja in der Regel immerhin "fast richtig").

Ansonsten stimme ich Dir inhaltlich schon weitgehend zu, insbesondere daß buy and hold eben andere Ergebnisse liefert als andere Strategien.

Nur die Frage, ob Deine Anmerkungen zu weit von meinem Text weg sind, oder der Text zu weit von der Realität, das überlasse ich jetzt einfach jedem einzelnen Leser - und deren ganz persönlichen Realitäten :-)

Viele Grüße, Christoph

Von Anonymous am 05.06.2012.
Christoph,

Ich sehe nach wie vor keine Entkräftung des Mental-Accounting. Die Wertentwicklung (geometrische Rendite) ist bei der Beurteilung des Gesamtvermögens wichtig, nicht bei einzelnen Produkten. Wie schon gesagt, nur wenn das Gesamtvermögen ausschließlich aus diesem Produkt besteht, ist eine solche Überlegung sinnvoll.

Klar, wenn ich zwei Produkte mit identischer Struktur habe, die beide zum gleichen zukünftigen Termin mit der gleichen Ausfallwahrscheinlichkeit eine Summe auszahlen, dann kann ich mit der geometrischen Rendite Vergleiche anstellen.

Beim Vergleich zwischen Festgeld und Wachstumssparen geht das aber schon nicht mehr. Das sind Produkte mit unterschiedlicher Struktur. Wie ich oben schon betont habe: Das Wachstumssparen gestattet auch bei steigenden Zinsen eine Kündigung zum Nominalbetrag. Dieser Sachverhalt hat einen gewissen Wert, der von solchen Zinsberechnungen nicht erfasst wird. Die Analyse ist also nicht so trivial, wie sie auf den ersten Blick ausschaut.

Ich bin der Auffassung, dass es nur eine Realität gibt, und diese ist notwendigerweise für jeden Leser gleich. Wodurch sich Leser unterschieden, das sind sicher die Ansichten darüber, wie diese Realität aussieht, denn Menschen sind fehlbar (nicht nur aufgrund von Fahrlässigkeiten, sondern vom Kern der Sache her). Aber die Ansichten müssen sich immer an der Realität messen. Bedenke: Auch wenn alle Leser in ihren Ansichten falsch liegen sollten, können dennoch einige dieser falschen Ansichten der Realität näher kommen als andere. Die Wahrheit steht also nicht zur Disposition von "persönlichen Realitäten"...

Von Holger (URL) am 05.06.2012.
Ich bin der Auffassung, dass es nur eine Realität gibt, und diese ist notwendigerweise für jeden Leser gleich.
--

Ich bin ja der Auffassung, dass es keinen Zugang zur Realität unabhängig von einem Beobachter gibt, der sie wahrnimmt. Insofern gibt es keine objektive Wahrheit - nur Menschen, die behaupten, dass es eine gäbe.

Aber noch mal eine Frage zur Mathematik: Wieso ist die geometrische Rendite für die Betrachtung des Gesamtvermögens irrelevant?

Viele Grüße
Holger

Von Anonymous am 05.06.2012.
Holger,

"Ich bin ja der Auffassung, dass es keinen Zugang zur Realität unabhängig von einem Beobachter gibt, der sie wahrnimmt. Insofern gibt es keine objektive Wahrheit - nur Menschen, die behaupten, dass es eine gäbe." Es gibt weder einen "Zugang zur Realität" noch überhaupt "Beobachtung" in diesem Sinne, weder unabhängig vom Beobachter, noch abhängig vom Beobachter. Dennoch gibt es eine vom Beobachter unabhängige Realität, ebenso wie eine objektive Wahrheit. Solche Aussagen, die dann noch mit dem Anspruch auf Wahrheit auftreten, fußen meines Erachtens einfach nur auf einigen grundfalschen philosophischen Mythen. Und zwar auf der Vorstellung einer Realität, die das Wissen durch Beobachtung in den Geist einfüllt, wie man das Wasser in einen Eimer füllt. Und je nach Form des Eimers denkt man dann, das Wasser passe sich an diese Form an, und zwar bei jedem Eimer notwendigerweise anders. Diese Eimertheorie des Geistes ist nichts als ein alter aristotelischer Mythos, der sich erschreckenderweise bis heute hartnäcktig gehalten hat.

"Wieso ist die geometrische Rendite für die Betrachtung des Gesamtvermögens irrelevant?" Wer hat das behauptet?

Von Holger (URL) am 06.06.2012.
Wer hat das behauptet?
--
Ähm, niemand. Ich sehe gerade, dass Du exakt das Gegenteil behauptet hast. Keine weiteren Fragen. ;-)

Oder doch noch eine: Wozu ist denn das arithmetische Mittel der Jahresrenditen zu gebrauchen?

Von Christoph (URL) am 06.06.2012.
Hallo zusammen,
vorab: eigentlich sollte der Nachsatz mit den "eigenen Realitäten" ja ein Scherz sein :-)

Zum mental accounting: um zu verstehen, warum meine Betrachtung kein Mental Accounting ist, hole ich kurz aus: ich definiere ja zuerst eine Quote an Risiko-Assets. Den Rest des Depots versuche ich, so sicher wie möglich anzulegen. Ebenso meine Liquiditätsreserve, welche ich völlig unabhängig vom Depot betrachte.
Da ich häufig mal Angebote von Banken sehe, die eine bessere Verzinsung als deutsche Staatsanleihen bieten (bereits vor Kosten; und diese Angebote sind auch noch gebührenfrei), greife ich da immer mal wieder zu - mit einem verhältnismäßig geringen Anteil meiner Liquiditätsreserve; schließlich muss ich handlungsfähig bleiben, wenn nach starken Kursrückgängen ein Rebalancing ansteht.
In den allermeisten Fällen halte ich diese Sparprodukte bis zum Ende. Unter dieser Prämisse erscheint es mir sehr sinnvoll, die geometrische Rendite von verschiedenen Sparformen zu vergleichen.

Daß unterschiedliche Produkte unterschiedlich verfügbar sind, und daß dies, soweit benötigt, das viel wichtigere Kriterium im Vergleich zum Zinssatz ist, ist natürlich völlig klar (mir war sogar fast klar, daß dazu ein Einwand kommen wird). Doch an dieser Stelle will ich einfach nochmal darauf verweisen, daß es hier um das Verständnis einer geometrischen Durchschnittsrendite ging. Deswegen bin ich auf diesen Aspekt nicht mehr eingegangen.

Viele Grüße, Christoph

Von Anonymous am 07.06.2012.
Christoph,

"Da ich häufig mal Angebote von Banken sehe [...]" Ich verstehe das so, dass Du genau den Fehler machst, den ich angesprochen habe: Du vergleichst Zahlen, die sich so nicht miteinander vergleichen lassen. Hier wohl eine liquide Anlage (Bundesanleihe) mit einer illiquiden (Sparbrief). Das ist nicht sinnvoll. Die Bundesanleihe lässt sich vor Laufzeitende ggfs. zu einem Kurs über 100 veräußern (und dass das tatsächlich eintritt, das ist dank Zinsstrukturkurve sogar wahrscheinlich). Eine Standardstrategie ist ja gerade, Bundesanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit zu kaufen und ein Jahr vor Ablauf wieder zu verkaufen. Da kann der Sparbrief 4% Zinsen bieten und die Bundesanleihe für die gleiche Laufzeit eine Effektiverzinsung von nur 2% -- und trotzdem kann die Bundesanleihe sehr viel profitabler sein. Tatsächlich haben wir genau das gerade erst erlebt: Ich hab vor geraumer Zeit in vielen Foren gelesen, wie von Bundesanleihen abgeraten wurde (die seien nur für hardcore-effizienzmarkt-gläubige u.ä. hieß es) und zu Festgeld geraten wurde, wegen der optisch weitaus höheren Verzinsung. Und was ist passiert? Einer der extremsten Bullenmärkte aller Zeiten für Bundesanleihen. So viel zum angeblichen Glauben. Also: Vorsicht mit solchen Zahlenvergleichen. Das ist alles nicht so trivial, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht.

"Rebalancing" Wenn beim Rebalancing nicht nominale Kontostände von Sparanlagen zugrundegelegt werden, sondern eine sachkundige Bewertung des tatsächlichen Wertes von vorgenommen wird, dann hat das Rebalancing eben einen Effekt, der sich nicht mehr auf die Sparanlage reduzieren lässt. Beispiel: Ein Zuwachssparen im letzten Laufzeitjahr mit einem Kontostand von 10.000 und Verzinsung von 6% beim aktuellen Zinsumfeld ist mehr wert als diese 10.000. Berücksichtige ich das, so würde ich mehr in riskante (bzw. weniger in sichere) Anlagen umschichten als wenn ich nur den nominalen Kontostand von 10.000 zugrundelegen würde.

"In den allermeisten Fällen halte ich diese Sparprodukte bis zum Ende." Das macht aber keinen Sinn. Wenn die Zinsen stärker steigen als die Zinsstaffel eines Zuwachssparkontos, sollte man es natürlich auflösen. Wie gesagt, Zuwachssparen ist so eine Art "inflationsgesicherte Anlage für Sparbuchkunden".

Holger: "Wozu ist denn das arithmetische Mittel der Jahresrenditen zu gebrauchen?" Das eignet sich zur Beurteilung einzelner Anlagen, solange sie laufend an einem geregelten Markt gehandelt werden und man auf die entsprechenden Kurse zurückgreift (und Auszahlungen korrekt berücksichtigt) -- oder aber man die entsprechenden Bewertungsmethoden selbst beherrscht. ;) Und eine geeignete Umschichtungsstrategie zum Einsatz kommt. Also: Zur Beurteilung der Profitabilität einzelner Anlagen kann man das arithmetische Mittel nutzen, bemessen an Änderungen des tatsächlichen Werts (nicht Nominalen, Kontoständen u.ä.!); zur Beurteilung der Profitabilität für die Gesamtvermögensstrategie nutzt man das geometrische Mittel.

Ja, ich weiß, es ist schwer, sich von Mental Accounting zu lösen, und die Zusammenhänge richtig zu sehen ... Der Vater im folgenden Beispiel tut sich z.B. schwer damit, zu verstehen, was der ziemlich clevere Sohn ausgeheckt hat (wer findets raus?;)

Vater: "Ach Sohn, ich habe schon wieder 10.000 mit Bluechip-Aktie verloren, von der ich Dir erzählt hatte. Dabei ist das doch so ein solides Unternehmen!".
Sohn: "Hauptsache, das Geld bleibt in der Familie, oder?"
Vater: "WTF?!"

Von Holger (URL) am 07.06.2012.
"Wozu ist denn das arithmetische Mittel der Jahresrenditen zu gebrauchen?" Das eignet sich zur Beurteilung einzelner Anlagen, solange sie laufend an einem geregelten Markt gehandelt werden und man auf die entsprechenden Kurse zurückgreift (und Auszahlungen korrekt berücksichtigt) -- oder aber man die entsprechenden Bewertungsmethoden selbst beherrscht. ;) Und eine geeignete Umschichtungsstrategie zum Einsatz kommt.
--
Hallo Anonymous,

das verstehe ich nicht. Hat nicht Christoph mit dem Aktienfonds-Beispiel gezeigt, dass das arithmetische Mittel auch (gerade) da in die Irre führt? Und wo ist überhaupt der Unterschied zwischen einer einzelnen Anlage und dem Gesamtvermögen? In beiden Fällen werden jährliche Renditen erzielt, die des Gesamtvermögens ist nur schwerer zu errechnen, sofern man nicht sein gesamtes Vermögen in einem einzigen Aktienfonds angelegt hat. ;-)

Viele Grüße
Holger

Von Anonymous am 07.06.2012.
"Hat nicht Christoph mit dem Aktienfonds-Beispiel gezeigt, dass das arithmetische Mittel auch (gerade) da in die Irre führt?" Wo sollte es? In Christophs Beispiel kommt doch nur dieser Aktienfonds vor, und keine andere Anlage, und es gibt folglich auch keine Umschichtsstrategie.

"Und wo ist überhaupt der Unterschied zwischen einer einzelnen Anlage und dem Gesamtvermögen? In beiden Fällen werden jährliche Renditen erzielt, die des Gesamtvermögens ist nur schwerer zu errechnen, sofern man nicht sein gesamtes Vermögen in einem einzigen Aktienfonds angelegt hat. ;-)" Der Unterschied ist, dass das Gesamtvermögen nicht nur von den Renditen der einzelnen Anlagen beeinflusst wird, sondern auch von Umschichtungen zwischen diesen. Die Wertentwicklung des Gesamtvermögens ist dadurch nicht mehr auf die Wertentwicklung der Einzelanlagen reduzierbar. Selbst wenn alle Anlagen, in die über die Zeit investiert wurde, am Ende weniger wert waren als am Anfang, kann so das Gesamtvermögen dennoch am Ende mehr Wert sein als am Anfang. Parrondo's Paradoxon.

Von Holger (URL) am 07.06.2012.
Hallo Anonymous,

das habe ich verstanden. Dann ist aber ein Aktienfonds ja auch keine Einzelanlage. Bzw.: Die Auswirkungen der Umschichtungen sind eben einfach bei der Ermittlungen der jährlichen Rendite zu berücksichtigen.

Kannst Du mir ein Beispiel nennen, bei dem der arithmetische Mittelwert der Jahresrenditen einen Sinn ergibt? Mir fällt nämlich keines ein. Denn man kann das Aktienfonds-Beispiel von Christoph ja problemlos in ein Einzelaktien-Beispiel (keine Dividendenzahlung) umwandeln - und die Renditeberechnung bleibt gleich. Geometrischer Mittelwert: sinnvoll. Arithmetischer Mittelwert: (in meinen Augen) sinnlos.

Viele Grüße

Von Anonymous am 07.06.2012.
Holger,

"das habe ich verstanden. Dann ist aber ein Aktienfonds ja auch keine Einzelanlage. Bzw.: Die Auswirkungen der Umschichtungen sind eben einfach bei der Ermittlungen der jährlichen Rendite zu berücksichtigen." Ich habe diese Aussagen mehrmals gelesen, ich verstehe sie aber leider nicht. Du redest pauschal von "jährlicher Rendite". Sag doch bitte, 1. wie das Gesamtvermögen aufgebaut ist, 2. welche Anlagen es enthält, 3. welche Umschichtungsstrategien zum Einsatz kommen. Nur dann lässt sich eine Aussage machen. Klar: Ein Aktienfonds besteht wiederum aus Aktien, und er schichtet zwischen Aktien um (was in der Realität mehr der komplette Verkauf einer Position und der Kauf einer vorher nicht vorhandenen Position ist als als eine Umschichtung zwischen Positionen), aber das ist unerheblich.

"Kannst Du mir ein Beispiel nennen, bei dem der arithmetische Mittelwert der Jahresrenditen einen Sinn ergibt? Mir fällt nämlich keines ein. Denn man kann das Aktienfonds-Beispiel von Christoph ja problemlos in ein Einzelaktien-Beispiel (keine Dividendenzahlung) umwandeln - und die Renditeberechnung bleibt gleich. Geometrischer Mittelwert: sinnvoll. Arithmetischer Mittelwert: (in meinen Augen) sinnlos." Ich habe Dir schon gesagt, wofür beides sinnvoll ist: Der geometrische Mittelwert für das Gesamtvermögen, der arithmetische Mittelwert für einzelne Anlagen, je nach Umschichtungsstrategie. Natürlich ist die geometrische Rendite für das Gesamtvermögen gleich dem gewichteten Durchschnitt der geometrischen Renditen der Einzelanlagen, wenn keine Umschichtung stattfindet. Das ist aber die einzige Situation, in der das so ist. Besteht das Vermögen hingegen z.B. zu 99% aus einem mit 0% verzinsten Girokonto (geometrische und arithmetische Rendite sind hierfür natürlich gleich, nämlich 0%) und zu 1% aus dem von Christoph betrachteten Aktienfonds (geometrische Rendite 1,834%, arithmetische 6%), und findet jährliches Rebalancing statt, so wirst Du sehen, dass die *geometrische* Rendite für die Gesamtanlage keineswegs 1% von 1,834% beträgt (die 0% für die restlichen 99% können wir ignorieren), sondern fast 1% von 6% (nämlich 1% von ca. 5,962777481%) also (angenähert) der gewichtete Durchschnitt der *arithmetischen* Renditen.

Von Christoph (URL) am 08.06.2012.
Ja, wenn man zum Beispiel jedes Jahr eine bestimmte Anlage auf den immer gleichen Betrag aufstockt oder reduziert, dann ist am Ende das arithmetische Mittel entscheidend. Und mit klassischem Rebalancing kann man dem sehr nahe kommen, wie Anonymous Beispiel zeigt.

Zum Beispiel mit den Zuwachssparen: klar löst man das bei steigenden Zinsen auf, sobald es sich rechnet. Ich wollte nie das Gegenteil suggerieren, nur weil ich mich auf die jüngere Vergangenheit bezogen habe, wo diese Situation praktisch nie eintrat.

Wegen Staatsanleihen: hier mache ich vermutlich wirklich einen Fehler, was völlig absurd ist, weil es mir ja bewusst ist. Aber die Zinsen sind mittlerweile derart niedrig, daß ja kaum noch Kurssteigerungen möglich sind. Zumindest gehe ich davon aus, daß der Markt keine negativen Nominalzinsen einpreisen wird.
Während das Gewinnpotenzial so eingeschränkt wie vermutlich noch nie ist, gibt es reichlich Verlustpotenzial. Die Dinger gefallen mir derzeit einfach nicht. Auch wenn ich mich damit ziemlich dreist gegen den Markt stemme; egal: mein Sicherheitsteil bleibt derzeit auf Bankkonten und geht vorerst nicht in Anleihen.

Viele Grüße, Christoph

Von Anonymous am 08.06.2012.
"nur weil ich mich auf die jüngere Vergangenheit bezogen habe, wo diese Situation praktisch nie eintrat." Zwei Punkte: 1. Das ist eine rückblickende Betrachtung, die nichts über die Zukunft aussagt, und vor allem die Betrachtung von Nominalrenditen für zukünftige Anlagen nicht rechtfertigt. 2. Heißt es ja nichts anders, als dass gerade in der jüngeren Vergangenheit der Nominalwert solcher Verträge niedriger war als der tatsächliche, und dass daher die Betrachtung von nominalen Renditen (wie im Beispiel) die Wirklichkeit nicht abbildete ...

"Aber die Zinsen sind mittlerweile derart niedrig, daß ja kaum noch Kurssteigerungen möglich sind" Nochmal: Kurssteigerungen ergeben sich schon rein aus der Zinsstrukturkurve -- ohne Annahme, dass das Zinsumfeld sich überhaupt ändert. Kurssteigerungen sind zudem immer möglich. Negative Zinsen haben wir bereits in einigen Staaten, für gewisse Laufzeiten auch in Deutschland. Zudem ist die Umlaufrendite immer noch bei 1%. Wie gesagt: Diese Argumente habe ich genau so schon gehört, als sie noch höher stand. Klar: Es ist natürlich nie ausgeschlossen, dass es eine unerwartete (!) Inflation gibt und die Kurse fallen. Aber unerwartete Inflation wird nicht wahrscheinlicher, nur weil die Zinsen niedrig sind! Die Frage ist immer, was für einen persönlich schädlicher ist, Inflation oder Deflation. Wer im Arbeitsleben steht, für den ist in der Regel Deflation schädlicher (Inflation wird eher durch Lohnerhöhungen ausgeglichen). Dann kann man durchaus solche festverzinslichen Anleihen kaufen. Wenn Inflation schädlicher ist, kann man hingegen mit inflationxindexierten Anleihen gegensteuern.

Ich möchte nicht ausschließen, dass auch bei korrekter Bewertung Sparanlagen eine höhere Verzinsung bieten als Staatsanleihen. Die Frage ist aber, wie hoch die Risiken sind! Im Falle einer Pleite der Bank zahlt die Einlagensicherung schließlich nur den Kontostand (plus Zinsen)! Es gibt keinen Aufschlag, nur weil das Ding hoch verzinst war und die vereinbarte Laufzeit noch einige Zeit gedauert hätte! (Stichwort Reinvestitionsrisiko). Zudem gibt es zwischen Bankenpleite und Auszahlung gar keine Verzinsung. Und es ist natürlich zu bedenken, dass bei Banken nur 100.000 EUR von der gesetzlichen Einlagensicherung gedeckt und damit Kontostand plus Zinsen vergleichbar sicher wie Staatsanleihen sind.

Von Anonymous am 10.06.2012.
Noch ein Hinweis auf die CARA-Investor-optimale Strategie, die wirklich die volle arithmetische Rendite für den riskanten Portfolioanteil erzeugt. Dabei wird einfach der riskante Portfolioanteil auf eine feste Summe fixiert, z.B. 10.000 EUR. Alles, was darüber hinausgeht, wird sicher angelegt. Regelmäßig wiederherstellen, fertig. Fast zu trivial um es überhaupt zu erwähnen.

Von Holger (URL) am 13.06.2012.
Fast zu trivial um es überhaupt zu erwähnen.
--

Ha ha...

Danke jedenfalls. Nach Christophs Erklärung habe ich auch Deine Erklärung einigermaßen verstanden.

Und da es ja keine dummen Fragen gibt: Warum nähert sich die tatsächliche Rendite dem arithmetischen Mittel nur an und ist nicht mit diesem identisch? Wegen unterjährigen Gewichtungsunterschieden?

Viele Grüße

Von Anonymous am 14.06.2012.
"Warum nähert sich die tatsächliche Rendite dem arithmetischen Mittel nur an und ist nicht mit diesem identisch? Wegen unterjährigen Gewichtungsunterschieden?" Weil ein Verlust das Gesamtvermögen mindert und nach dem Rebalancing daher Position nicht mehr exakt so groß ist wie zuvor. Je kleiner der Anteil der riskanten Position ist, desto eher entspricht die geometrische Gesamtrendite der anteiligen arithmetischen Rendite der riskanten Position; je größer sie ist, desto eher der anteiligen geometrischen Rendite dieser Position. Indem man nicht nur zwischen riskanter und riskofreier Position, sondern noch innerhalb der riskanten Position (mit möglichst wenig korrellierten riskanten Positionen) Rebalancing durchführt, kann man das Problem allerdings abmildern. Diskussion siehe Sethi (Optimal consumption and investment with bankruptcy) Kapitel 2. (BTW, falls ihr weiter recherchieren solltet über das Thema und ihr zufällig über eine Lösung der Ito-Gleichungen für zeitabhängiges s stolpert, dann sagt mir bitte bescheid, weil ich daran Interesse hätte. Sethi hat mir gestern geschrieben, dass das Problem seines Wissens noch nicht gelöst ist, aber er keine prinzipiellen mathematischen Schwierigkeiten sieht.)

Von Christoph (URL) am 15.06.2012.
Hallo,
ich habe nochmal nachgedacht:
Wenn man seine Position immer wieder auf den gleichen Wert bringt (also durch Zuzahlung oder Entnahme die Wertentwicklung ausgleicht), dann wäre zur Bewertung des gesamten Anlageerfolgs der interne Zinsfuß relevant. Und der ist nicht mit dem arithmetischen Durchschnitt der Jahresrenditen identisch.

Betrachte ich zum Beispiel einen Zeitraum von drei Jahren mit jährlichen Renditen von 10%, -20% und 40%. Das ergibt eine arithmetische Durchschnittsrendite von 10%.
Betreibe ich mit einem Startkapital von 10.000 Euro Rebalancing in dem Sinne, daß ich jedes Jahr immer wieder mit 10.000 Euro starte, so ziehe ich folglich nach einem Jahr 1.000 Euro ab und zahle nach dem zweiten Jahr 2.000 Euro nach. Aus insgesamt 11.000 Euro wurden dann am Ende 14.000 Euro (sind 3.000 Euro Gewinn, bezogen auf 10.000 Euro und drei Jahre also 10 Prozent pro Jahr).
Der interne Zinsfuß jedoch beträgt in diesem Beispiel circa 9,16% - entspricht also nicht dem arithmetischen Durchschnitt.
Viele Grüße, Christoph

Von Anonymous am 16.06.2012.
Der interne Zinssatz ergibt nur Sinn, wenn genau ein Vorzeichenwechsel vorhanden ist. Sonst ist die Lösung nicht mehr eindeutig und das heißt immer, man hat in der Überlegung etwas falsch gemacht, d.h. die Methode ist hier gar nicht auf diese Art anwendbar. Denn Gewinne und Verluste der Aktienanlage sind keine Zahlungsflüsse. Es wird nur Vermögen von der einen Anlage in die andere umgeschichtet.

Du kannst mit dem internen Zinssatz durchaus arbeiten. Dazu musst Du Aufstockungen wo nötig auf Kredit finanzieren und jedes Jahr den erwarteten (statt den tatsächlichen) Gewinn ausschütten. Du startest also mit 10000 EUR. Du gewinnst im ersten Jahr 1000 EUR, was genau dem erwarteten Gewinn entspricht; schüttest Du also sofort voll aus. Nun verlierst Du 2000 EUR. Du schüttest wieder 1000 EUR aus und beleihst Deine verbliebenen 7000 EUR mit 3000 EUR (vorerst wie in den Beiträgen zuvor zum angenommenen Zinssatz von 0%). Du machst 4000 EUR Gewinn, zahlst davon die 3000 EUR zurück und schüttest die restlichen 11000 EUR aus. Interner Zinssatz: 10%.

(Bevor Du jetzt denkst, das ist ja der ultimative Goldesel -- in der Realität geht das natürlich nicht. Der Haken dabei ist, dass Du die zukünftige durchschnittliche Rendite schon kennen müsstest, damit das funktioniert.)

Hast Du nun 11000 EUR, kannst Du es Dir genau so vorstellen, nur dass Du Dir das Geld "von Dir selbst leihst" -- deshalb tatsächlich zu 0%. Das meinte ich mit "die volle arithmetische Rendite für den riskanten Portfolioanteil". Der sichere Anteil hat auch die volle arithmetische Rendite erzielt (nämlich 0% ;).

Ist der Zinssatz für die sichere Anlage (zu dem Du Geld anlegen kannst) nicht 0%, dann wirds natürlich ein bisschen komplizierter. Dann musst Du für den Kredit "an Dich selber" diesen Zinssatz zahlen und von der jährlichen "Ausschüttung" abziehen. Dadurch vermindert sich auch die Rendite auf der riskanten Position, es wird nicht mehr die volle arithmetische Rendite erreicht. Angenommen ein Guthabenzins von 4%. Dann fallen auf die geliehenen 3000 insgesamt 120 EUR Zinsen an, die Endausschüttung beträgt also nur noch 10880, nach Methode des internen Zinssatzes (-10000 1000 1000 10880) eine Rendite von 9,64% pa "auf der riskanten Position".

Von Marko Hrbat am 23.03.2015.
Hier war 2012 (lange ist es her) die Frage nach dem Sinn.

Ich habe einen:
Das Deutsche AktienInstitut und damit die dpa und viele Zeitungen schreiben, dass Aktien alle anderen Anlageformen schlagen würden.
Dabei verwenden sie die ARITHMETISCHE Rendite.

Nehmen wir den Dow Jones:
1886 (glaube ich) mit 100 Punkten gestartet.
2015 (also 129 Jahre später) hat er ca. 18.100 Punkte.
Die Aktien der Firmen (soweit heute noch vorhanden!) haben sich also ver181facht.

Wenn man die echte Rendite haben möchte,
dann muss man die 129te Wurzel von 181 oder eben 181 hoch (1/129) nehmen.
Dann bekommt man 1, 041.
Tatsächlich sind die Werte also um nur 4,1 Prozent pro Jahr gestiegen.

Wenn man dann die Inflation, die Bankgebühren usw. heranzieht, dann ist das nicht viel...

DAFÜR braucht man die geometrsche Rendite... ;)

Von Christoph (URL) am 26.03.2015.
Hallo Marko,
korrekt, für ein Einmalinvestment über längere Laufzeit ist die geometrische Rendite entscheidend.
Zu der scheinbar ernüchternden Rendite von 4,1 Prozent p.a. muss man aber noch hinzufügen:
- der DowJones war schon immer ein Kursindex. Alle Dividenden kommen also zu den 4.1 Prozent noch dazu.
- Dividenden waren vor langer Zeit im Durchschnitt höher als in den letzten Jahrzehnten.
- der DowJones enthält nur wenige Aktien, bildet also keinen breiten Markt ab.

Von Andreas am 08.07.2016.
Moin in die Runde!
Puh, viel gelesen hier, einiges verstanden,
manches nicht.
Darf ich ein Sparplan Bsp nennen:
Ich kaufe jeden Monat zu 1000 Euro eine Aktie
und verkaufe diese exakt jeweils nach
einjähriger Haltedauer. Ergebnis bspw. 10%
Das mache ich konstant jeden Monat mit anderen
Titeln und anderen Ergebnissen.
Welche Renditeart ist nun relevant? Und kann
man das beziehen auf eine Art vergleichbare
Rendite pro Jahr? Arithmetisch oder
geometrisch?
Ich habe das Gefühl, hier sitzen Experten,
freue mich auf eure Antwort, Danke

Von Christoph (URL) am 11.07.2016.
Hallo Andreas,
wenn immer der selbe Betrag investiert wird, erhalten Sie am Ende die arithmetische Durchschnittsrendite auf die durchschnittlich investierte Summe.
Glaube ich zumindest.
Wichtig: diese Rendite bezieht sich dann auch immer nur auf die investierte Summe. Wenn z. B. nach 20 Prozent Kursanstieg die 200 Euro nicht mehr investiert werden,
dann erwirtschaftet man mit diesen 200 Euro natürlich auch nicht diese Rendite.


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