Geldanlage / Private Finanzen

Depotentwicklung während des eigenen Lebenszyklus

Teil 6 der Serie zum Aufbau des persönlichen Portfolios


In den vorigen Teilen dieser Artikelserie habe ich Vorschläge erarbeitet, die zeigen, wie man als Privatanleger sein Depot sinnvoll aufbauen kann. Dies war ein steiniger Weg, an dessen Ende die Frage steht, wie das Depot über den Lebenszyklus hinweg verändert werden sollte. Dieser Frage will ich mich heute widmen.


Wer seine eigene, passende Depotaufteilung erarbeitet hat und mit dieser soweit zufrieden ist, daß er nicht täglich das Bedürfnis verspürt, sie doch nochmal ändern zu wollen, hat sehr viel erreicht: derjenige hat den ersten, wichtigsten Schritt zum persönlichen Vermögensmanagement geschafft - unabhängig davon, wie groß oder klein dieses Vermögen aktuell (noch) ist.

Doch nur weil ein Depot heute passt, muss das nicht für alle Zeiten gelten. Deswegen ist es wichtig, sich hin und wieder erneut Gedanken über die Depotaufteilung zu machen. Mit steigendem Lebensalter zum Beispiel sinkt das verbleibende Humankapital, so daß die Finanzanlagen in den meisten Fällen mit der Zeit vorsichtiger werden sollten.

Doch in welchem Abstand sollte man sich mit solchen grundsätzlichen Fragen beschäftigen? Ein festes Intervall möchte ich an dieser gar nicht vorschlagen. Ich würde mich vielmehr an den persönlichen Lebensumständen orientieren, welche sich im Laufe der Zeit ändern - und zwar meistens alles andere als regelmäßig: ein neuer Job, Heirat, die Geburt von Kindern, aber auch Trennung oder Scheidung, der Kauf einer Immobilie usw. - all das sind Faktoren, die Einfluss auf die Anlagestrategie haben sollten. Und so emotional diese Augenblicke sein mögen: sie können stets ein Anhaltspunkt dafür sein, seine finanzielle Situation zu überdenken.

Aber auch ohne diese "großen" Einflüsse bleibt der Effekt, daß das Humankapital mit den Jahren sinkt. Dieser Einflussfaktor wirkt stetig und langsam, und man läuft deswegen vielleicht Gefahr, die Wirkung über die Jahre hinweg zu vernachlässigen, zu verdrängen oder schlicht zu unterschätzen.

Ich habe mir deshalb eine "Sicherheits-Leiter" für meine Anlagestrategie ausgedacht: sofern kein starker externer Faktor Einfluss auf meine Anlagestrategie nimmt, reduziere ich den Anteil an Risikoanlagen jedes Jahr automatisch um ein paar Prozentpunkte. Wie viele Prozentpunkte man dafür wählt, hängt letztendlich davon ab, wie hoch der Risikoanteil heute ist, wie hoch er bei Renteneintritt sein soll und wie viele Jahre zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegen. Die Differenz des Risikoanteils von heute bis zum Renteneintritt habe ich linear auf die verbleibenden Jahre verteilt, und komme damit auf etwas mehr als 2,5 Prozentpunkte Risikosenkung pro Jahr.

Diese Reduzierung nehme ich, wie gesagt, in jedem Jahr vor, indem kein anderer Einflussfaktor eine Neustrukturierung erfordert.

Das Rebalancing


Unabhängig von dieser strategischen Entwicklung über die Jahre hinweg sollte man regelmäßig, zum Beispiel einmal pro Jahr (an einem willkürlichen, aber fixen Termin, zum Beispiel immer am 20. Januar), die mittlerweile vorhandene Depotaufteilung wieder an die Sollgrößen anpassen, da die tatsächlichen Anteile aufgrund der Schwankungen am Kapitalmakrt mit der Zeit zwangsweise von der ursprünglich hergestellten Aufteilung abweichen.
Sofern kein neues Geld ins Depot fliest, führt das in der Regel dazu, daß ein paar Anteile derjenigen Asset-Klassen, die besonders gut gelaufen sind, verkauft werden, und dafür solche nachgekauft werden, die sich weniger gut entwickelt haben.
Möchte man neues Geld dem Depot zuführen, kauft man einfach mehr Anteile an den schlechter gelaufenen Assets. Verkäufe werden dann selten notwendig sein, um die ursprüngliche Struktur herzustellen.

Bei geringen Abweichungen von der Soll-Struktur sollte man stets abwägen, ob das Rebalancing sinnvoll ist, indem man die Vorteile den Nachteilen gegenüber stellt.
Die Vorteile sind:
Die Nachteile sind:
Wenn man sich diese beiden Nachteile anschaut, wird schnell klar, daß es sehr vorteilhaft ist, das Rebalancing so durchzuführen, daß neu anzulegendes Geld einfach in die mittlerweile untergewichteten Asset-Klassen investiert wird.

Rebalancing und strategische Entwicklung


Es versteht sich eigentlich von selbst, und doch will ich es hier explizit erwähnen: die grundsäztlichen, strategisch bedingten Anpassungen der Depotstruktur (auch eine eventuell "automatisierte" Anpassung des Risiko-Teils, wie oben unter dem Begriff "Sicherheits-Leiter" beschrieben), sollte immer gemeinsam mit einem Rebalancing vorgenommen werden. Dadurch erspart man sich Aufwand und Kosten.

Das wars


Damit ist diese Artikelserie beinahe am Ende angekommen. Wer bis hierher mitgemacht hat, hat jetzt ein passendes Depot und einen groben Plan, wie sich dieses Depot über die Jahre entwickeln soll - abhängig von großen äußeren Einflüssen und vom schleichenden Prozess des Alterns.

Und trotzdem wird es noch einen siebten Teil geben. Dort werde ich kurz vorstellen, wie ich diese Ideen umgesetzt habe. Neues wird es dort nicht geben, aber ein konkretes (und reales!) Beispiel kann die vielen Ideen vielleicht nochmal so auf den Punkt bringen, daß der ein oder andere Leser nochmal ein paar Ideen für sich mitnehmen kann, oder sich vielleicht nochmal ein paar Diskussionen ergeben. Und eben diese Diskussionen sind es ja, über die ich mich hier immer ganz besonders freue.

Weitere Artikel zum Thema:
     Wie baue ich mein persönliches Portfolio auf?
     Liquiditätsreserve - wie hoch sinnvoll?
     Die Asset-Allokation - Top Down
     Anlagemöglichkeiten für den sicherheitsorientierten Teil des Portfolios
     Anlagemöglichkeiten für den Risiko-Teil des Portfolios
     Mein persönliches Portfolio



21. Oktober 2012, zurück zur Startseite. Admin: Artikel editieren



Kommentare

Von Markus am 07.11.2012.
Bin schon gespannt, wie sich das bei Dir konkret darstellen wird. Grob kann man es ja schon in den bisherigen Artikeln erahnen. Fragen wie "Wie hoch ist der Risikoanteil bei Renteneintritt?" oder "Willst Du prinzipiell immer einmal pro Jahr rebalancen oder auch wenn unterjährig eine Schwelle überschritten wurde oder nur dann jährlich, wenn eine Schwelle überschritten ist und sonst nicht?" oder "Gibt es einen Plan B, wenn unerwarteterweise die Gewinne höher ausfallen sollten als erhofft, d.h. wird dann ggf. das Risiko schon früher gesenkt?" werden hoffentlich im abschließenden Teil erörtert :-).

Von Christoph (URL) am 12.11.2012.
Hallo Markus,
freut mich, daß Du neugierig bist. Allerdings muss ich Dich etwas vertrösten, weil gerade ein paar andere Artikel-Themen höher priorisiert sind...
Viele Grüße & hoffentlich trotzdem viel Spaß beim Lesen, Christoph.

Von Andre am 30.07.2013.
In der aktuellen wirtschaftlichen Lage würde ich
dazu raten, mehr in Evergreen-Aktien zu investieren,
die vielleicht kurzfristig nicht die höchste Rendite
bringen, dafür aber eine ordentliche Dividende
ausschütten und langfristig ein stabiles
Geschäftsmodell haben.

André vom http://www.onlinebroker-magazin.de/

Von sabine (URL) am 22.12.2017.
da hätte man in den Dax investieren sollen


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